Neue Arten der Vernetzung II – Indirektes Wissen nutzen

Written by Urs Kaiser

Wednesday, 20 August 2014 00:00

Im vorhergehenden Teil wurde anhand verschiedener Situationen gezeigt, wie sich die technische Vernetzung von oft isoliert betrachteten Alltagsgegenständen zukünftig entwickeln kann. Dabei agierten die beteiligten Systeme aber meist nur untereinander, also ohne Bezug zu den riesigen Datenmengen, die tagtäglich von den verschiedensten Akteuren generiert werden.

Dazu zählen Bewegungsprofile von Menschen und Maschinen, Surfverhalten im Internet, Preis- und Angebotsentwicklungen, Konsumverhalten und Transaktionsdaten, Kommunikationsprofile und vieles mehr. Oft sind dabei die Metadaten mindestens ebenso interessant wie die eigentlichen Informationen. Die große Herausforderung besteht darin, diese Datenmengen zu strukturieren und auszuwerten. Aktuell geschieht dies oft noch, um für Dritte einen Mehrwert zu erzielen. Doch können diese Daten auch dahingehend ausgewertet werden, um für den Einzelnen den Alltag zu erleichtern oder ihn vor Missliebigkeiten zu schützen. Einige Beispiele für Konzepte in der modernen Mobilität können sein:

  • Verkehrsflussanalysen 1 – Stauumfahrung und Routenplanung:Navigationsgeräte im Auto sind in der Lage, Routenanpassungen anhand von Verkehrsmeldungen vorzunehmen. Die dabei verwendete Technik ist die Auswertung von TMC-Meldungen. Diese werden digital im nichthörbaren UKW-Frequenzbereich übertragen und sind aufgrund ihrer zentralen Erhebung und Verwaltung nicht notwendigerweise so aktuell wie angemessen. Außerdem bietet die Übertragungstechnik nur einen stark eingeschränkten Datendurchsatz. Anstatt über stationäre Kameras oder Induktionsschleifen in der Fahrbahn wäre es problemlos denkbar, die Bewegungsinformationen der einzelnen Fahrzeuge zu erfassen. Gekoppelt mit Daten der Navigationssysteme und statistischen Auswertungen über das Verkehrsverhalten, abhängig von Wochentag und Uhrzeit ließen sich in vielen Fällen wesentlich früher deutlich genauere Aussagen über Alternativrouten und die damit zusammenhängende Zeitersparnis bei der Stauumfahrung treffen.Die Bewegungsprofile der einzelnen Fahrzeuge, auf denen eine solche Aussage beruht, könnte entweder vom Fahrzeug selbst oder von mitgeführten Smartphones erfasst, übermittelt und empfangen werden. Die Vorteile dieses Systems wären u.a. die Qualität und dezentrale Erfassung der Daten sowie die zeitnahe und hochverfügbare Auswertung und Interpretation. Als Herausforderungen sind sicher an erster Stelle der Bedarf eines leistungsfähigen mobilen Datennetzes sowie die Kosten für Datenauswertung und Übertragung zu sehen. Mit entsprechend fortschrittlichen Anonymisierungs- und Aggregationsmethoden stellt diese Datenerhebung aber keinen wesentlichen Eingriff die Privatsphäre des einzelnen Verkehrsteilnehmers dar.
  • Verkehrsflussanalysen 2 – Parkleitsysteme: Der bekanntermaßen problematischen Parkplatzsituation in Innenstädten wird heute oftmals mit Parkleitsystemen begegnet. Dabei melden die Parkhäuser und Parkplätze die freien Stellflächen, ein Anzeigesystem zeigt die Summe dieser in Fahrtrichtung. Der tatsächliche Informationsgewinn ist dabei oft nur als sehr gering anzusehen:entweder es gibt noch genügend Parkplätze oder eben nicht. Als Hilfe für den einzelnen Autofahrer, einen Parkplatz nahe seines Zieles zu finden, taugen sie oft nur bedingt. Es fehlt die Dimension der Menge der Fahrzeuge, die sich vor dem Fahrer auf dem Weg zu diesem Parkplatz befinden. Somit treffen diese Leitsysteme nur Aussagen über die Ist-Situation zum jetzigen Zeitpunkt, sie liefern aber keine Informationen über die zu erwartende Lage bei der Ankunft. Analog zum vorherigen Beispiel kann anhand der Anzahl, Position und Route aller Fahrzeuge im Umkreis eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit getroffen werden, an seinem gewünschten Zielort noch einen Parkplatz zu ergattern. Das Gesamtsystem könnte in einem zweiten Schritt Alternativen anbieten, die in räumlicher Nähe zum Ziel liegen oder unter Einbeziehung von Informationen über Routen und Fahrplänen Parkplätze in den Randbereichen empfehlen. Da zentrumsnahe Parkmöglichkeit oft die teurere Alternative darstellen kann unter Berücksichtigung der von Fahrpreisen und Anzahl der Insassen auch ein Vorschlag zum Parkplatz mit den geringsten Gesamtkosten gemacht werden.In diesem Szenario wird explizit von symmetrischer Informationsverteilung ausgegangen, d.h. Ortskenntnisse von Einheimischen über “Schleichwege”, “Geheimtipps” etc. werden nicht in Betracht gezogen.

Wie sich das tägliche Leben durch die wachsende Vernetzung von Menschen und Maschinen mit zukünftigen Technologien und Konzepten noch weiter vereinfachen lässt, lesen Sie im nächsten Abschnitt “Neue Arten der Vernetzung III – Facebook für Maschinen”.

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